Am Mittwoch, den 11. März 2020, haben sich Vertreter von Fraktion und Ortsverband der Hochheimer Grünen mit Vertretern der Bürgerinitiative Straßenbeitrag Satzung (BISS) zum Austausch von Argumenten für bzw. gegen die Einführung von Straßenbeiträgen bzw. einer Erhöhung der Grundsteuer getroffen.
Es bestand Einigkeit darüber, dass es eine Vielzahl von Straßen in Hochheim gibt, die dringend baulichen Maßnahmen zugeführt werden müssen. Uneinigkeit bestand indes in der Finanzierung dieser notwendigen Vorhaben.
In einer Diskussion über den gegenwärtigen Haushalt von Hochheim haben die Vertreter der BISS vermeintlich liquide Mittel im Haushalt identifiziert. Die Vertreter der grünen Fraktion des Stadtparlaments haben hingegen ausgeführt, dass dies nicht der Fall ist, da man zwischen buchhalterischen und liquiden Mitteln unterscheiden muss.
Als Alternative zur Einführung von Straßenbeiträgen wurden seitens der BISS die Aufnahme von Schulden bzw. die Erhöhung der Grundsteuer genannt. Zugleich wurde deutlich gemacht, dass es innerhalb der BISS durchaus unterschiedliche Meinungen zur alternativen Finanzierung der Straßenbaumaßnahmen gibt.
Für B90/Die Grünen sind die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge gegenüber einer möglichen Grundsteuererhebung bzw. der Aufnahme neuer Schulden aus mehreren Gründen die deutlich bessere Option:
- Wiederkehrende Straßenausbaubeiträge dürfen nur dann erhoben werden, wenn im Abrechnungszeitraum auch wirklich gebaut wird. Ansonsten muss das Geld zurückgezahlt werden. Weiterhin ist durch öffentliche Veranstaltungen und Informationsabende ein Mitspracherecht bei den Baumaßnahmen gewährleistet (siehe Info zur Baumaßnahme „Auf der Schlicht“).
- Wiederkehrende Straßenausbaubeiträge dürfen ausschließlich für die Maßnahmen genutzt werden, welche durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossen und öffentlich bekannt gemacht wurden.
- Die Mietpreise sind (nicht nur) in Hochheim schon sehr hoch und liegen bei Neuvermietungen in der Spitze bei bis zu 12€/m2 kalt. Eine Grundsteuererhöhung kann von den Eigentümern auf die Mieter umgelegt werden. Das würde die Mietpreise weiter ansteigen lassen. Bei einer Grundsteuererhöhung könnte das zur Folge haben, dass Investoren, die ihre Wohnobjekte ausschließlich vermieten und nicht selbst bewohnen, finanziell keinen Anteil tragen, obwohl sie den wirtschaftlichen Nutzen aus ihren Grundstücken ziehen. Kurzgesagt: Die Erhöhung der Grundsteuer würde zu einer Mehrbelastung der Mieter führen, was wir sozial ungerecht finden.
- Ein Punkt scheint uns in der Diskussion immer in Vergessenheit zu geraten und zwar die Regelungen zum Haushalt in der Hessischen Gemeindeordnung:
§ 93 HGO – Grundsätze der Erzielung von Erträgen und Einzahlungen
(1) Die Gemeinde erhebt Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften.
(2) Die Gemeinde hat die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Erträge und Einzahlungen
1. soweit vertretbar und geboten aus Entgelten für ihre Leistungen,
2. im Übrigen aus Steuern
zu beschaffen, soweit die sonstigen Erträge und Einzahlungen nicht ausreichen. Von der Verpflichtung, Entgelte vorrangig zu erheben, sind Straßenbeiträge nach den §§11 und 11a des Gesetzes über kommunale Abgaben in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. März 2013 (GVBl. S. 134), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. Mai 2018 (GVBl. S. 247) ausgenommen.
(3) Die Gemeinde darf Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.
Auch nach der Änderung der Rechtslage für die Straßenbeiträge ist es noch so, dass die Gemeinde sich immer erst aus Entgelten für ihre Leistungen finanzieren muss und dann aus Steuern. Die Verpflichtung, den Haushalt auszugleichen, steht über allem, d.h. solange der Haushalt mit Steuern nicht ausgeglichen werden kann, wird die Pflicht bestehen, alle anderen Mittel auszuschöpfen. In Satz 2 ist dann geregelt, dass von der Vorrangigkeit der Entgelte die Straßenbeiträge ausgenommen sind. Sie müssen nicht zwingend erhoben werden, bevor Steuern erhoben werden.
Kommen wir aber in Zukunft auch mit der erhöhten Grundsteuer an den Punkt, dass der Haushalt nicht ausgeglichen ist, muss entweder die Steuer noch weiter erhöht, oder das noch nicht genutzte Instrumentarium der Straßenbeträge dennoch genutzt werden. Das Worst-Case-Szenario bei der Grundsteuererhöhung jetzt ist also, dass bei Abflachen der Konjunktur (Corona-Virus?) die Straßenausbaubeiträge auch noch oben draufkommen.
- Die Grundsteuer würde voraussichtlich von 405 % auf 475 % steigen und kann nicht zweckgebunden für die Straßenreparaturen oder Erneuerungen genutzt werden. In Zeiten knapper Kassen muss der Haushalt durch z.B. die Grundsteuer ausgeglichen werden, da hessische Kommunen bis Jahresende immer einen ausgeglichenen Haushalt aufweisen müssen. Dann fallen Investitionen in den Straßenbau wieder hinten herunter und die Investitionen stauen sich weiter!
- Die Grundsteuer wird jährlich zu entrichten sein und das dauerhaft, unabhängig von Baumaßnahmen. Wiederkehrende Straßenausbaubeiträge werden zeitlich begrenzt auf die Baumaßnahmen erhoben!
- Grundsteuer wird für die allermeisten Bürger teurer, insbesondere da kirchliche- und kommunale Grundstücke von der Grundsteuerzahlung ausgenommen sind.
- Eine Erhöhung der Grundsteuer führt auch zu einer erhöhten Kreisumlage. Teilweise werden also die Steuermehreinnahmen an den Kreis abgeführt und stehen somit nicht für andere Ausgaben (bspw. Straßenbaumaßnahmen) zur Verfügung.
Einer kritischen Würdigung ist in diesem Zusammenhang der höhere Verwaltungsausfwand bei der Einführung von Straßenbaubeiträgen zu unterziehen, der im Übrigen mit einmalig 20.000 Euro pauschal gefördert wird.
Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile zur Finanzierung der Sanierung unserer Straßen und unter sozialen Gesichtspunkten sind die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge die aus unserer Sicht bessere Wahl und wir laden alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sehr herzlich ein, sich mit uns in Verbindung zu setzen, um weitere Argumente auszutauschen.
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